Geschichte des Kunstvereins
Fünf Künstlerpaare bezogen 1997 das alte Schulgebäude in Baruth und bauten die ehemaligen Klassenzimmer zu ihren Ateliers und Wohnungen um. Die dazugehörige Turnhalle im ersten Stock eines Nebengebäudes nutzten sie bald für ihre erste Ausstellung "Die Entdeckung der Freizeit" um sich den Baruthern vorzustellen. Gleichzeitig war die Ausstellung auch eine erste Auseinandersetzung mit dem noch ungewohnten Leben auf dem Lande oder wie es manche Berliner sahen: in der Provinz.
Weitere, größere Ausstellungen folgten. Dazu wurden immer mehr befreundete Künstler eingeladen und es entstand ein regelmäßiger Ausstellungsbetrieb, bei den großen Sommerprojekten mit jeweils ca. 25 Beteiligten. Die Qualität der Arbeiten, die Bandbreite der künstlerischen Ansätze und den Einsatz unterschiedlichster Medien könnte man auch in anderen - großstädtischen - Kunstvereinen finden, aber die Baruther Ausstellungen haben immer auch einen lokalen Bezug. Besonders "Artists in Wonderland" und später "Vor Ort" thematisierten die Stadt Baruth und bespielten Kirche, Kaufhalle und Rathaus sowie historische Bürgergärten, Pestgraben und Schlosspark. Speziell der romantische Lennépark wurde oft für Installationen genutzt, so bei "SON Park" oder für die Ausstellung "Blumen für Baruth". Aber nicht nur der Ort, sondern auch ländliche Alltagsphänomene wie die unvermeidlichen, hässlichen Carports in den Vorgärten inspirierten zu Projekten. Für die Ausstellung "Häuser für Autos" entwarfen Künstler und Architekten raumgreifende Holzbauten, die überall im Ort als mehr oder weniger nützliche Skulpturen aufgestellt wurden.
Im Laufe der Jahre hat sich ein besonderer Charakter der Ausstellungen herauskristallisiert. Es gibt so etwas wie einen Baruth Touch. Bei aller Ernsthaftigkeit der beteiligten Künstler gibt es - frei nach dem Regisseur Ernst Lubitsch - immer eine gewisse Leichtigkeit im Umgang mit der Kunst oder zumindest mit dem gewählten Thema. Die Baruther Künstler leisten sich ein wenig Selbstironie und spielen mit dem Charme der Provinz sowie der vermeintlichen Distanz zum Kunstbetrieb der Großstädte. Die eingeladenen und die befreundeten Künstler genießen die ländliche Atmosphäre - mit direktem Gleisanschluss nach Berlin - und die intensiven Gespräche über ihre Arbeiten, fern ab von der Geschäftigkeit der üblichen Vernissagen. Sie folgen den Einladungen gerne und beteiligen sich - wenn das Thema passt - häufig mehr als einmal. Die viel beschäftigten, nicht nur die mit den bekannteren Namen auf dem Kunstmarkt, leihen vielleicht nur eine bereits vorhandene Arbeit aus, aber das Gros der Künstler schafft neue Werke speziell zum Thema, für die Ausstellung und oft für einen bestimmten Ort. Aus der Vielfalt der Themen ergab sich im Laufe der Zeit auch eine ungewöhnliche Mischung der Medien und Professionen. So wurden nicht nur Künstler - vom frisch gebackenen Akademieabsolventen bis zum emeritierten Professor - sondern auch Architekten, Fotografen, Designer, Grafiker und Landschaftsarchitekten eingeladen. Ihre unterschiedlichen Herangehensweisen und Methoden der Umsetzung bereichern auch Ausstellungen, deren Themen nicht ihrem unmittelbaren Berufsbild entsprechen.
So sind auch die Mitglieder des Kunstvereins nicht mehr ausschließlich Künstler oder Baruther. Mittlerweile stammen die Mitglieder aus ganz Deutschland und bestimmen in der jährlichen Hauptversammlung die Ausrichtung des Vereins und wählen Arbeitsgruppen, die die beschlossenen Ausstellungskonzeptionen umsetzen. Bei der Diskussion der Themen und der Auswahl der Teilnehmer herrscht - am Ende - Konsens. Nicht selbstverständlich bei einer basisdemokratischen Struktur, aber auch hier scheint es so etwas wie einen freundschaftlichen baruth touch zu geben. Den man hoffentlich in den Ausstellungen und Publikationen erspüren kann.
Ralf Wollheim