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Presse ++ 2013 Kolonie im Haag




Artikel in der Märkischen Allgemeinen Zeitung am 13. August 2013

Baruth/ Mark. Zu einer ungewöhnlichen Open-Air-Ausstellung lädt derzeit der Kunstverein Alte Schule Baruth: Die alten Bürgergärten hinter dem Vereinsgebäude, längst zugewuchert und verwildert, sind nun dank Sense und Rasenmäher für wenige Wochen wieder begehbar. Am Wegesrand stellen 15 Künstler in verschiedenen Installationen ihre Sichtweise zum Thema Kolonie aus.

Früher lagen in dem „Haag“ die gepachteten Kleingärten der Baruther Bürger. „Doch als Rewe hierher zog, gaben die letzten ihre Gärten auf“, erklärt Susanne Kleinlein, die Vorsitzende des Kunstvereins Alte Schule Baruth, „Im Supermarkt gab es ja dann alles, was man an Obst und Gemüse so braucht.“ Heute ist von den ehemaligen Kleingärten nichts mehr zu sehen. In dem scheinbar undurchdringlichen Gestrüpp wuchern die Brennnesseln meterhoch zwischen den Obstbäumen.
Jetzt haben sich 15 Künstler den Haag zurückerobert. Das Wort „Eroberung“ spielt dabei durchaus eine zentrale Rolle. Denn indem sich jeder der Künstler seine eigene „Parzelle“ aussucht und dort sein Territorium individuell gestaltet, nimmt er – so der Grundgedanke der Ausstellung – den Habitus eines Kolonialherrn ein.
Wer einmal in die Rolle eines richtigen Eroberers schlüpfen möchte, der ein fremdes Land einnimmt, der kann sich bei der Installation von Cordula Sauer schon mal gut einfühlen. Auf den ersten Blick ist es nur ein unscheinbarer Quadratmeter Rollrasen mit einem Metalldeckel in der Mitte. Doch wer den Deckel hebt, kann seinen rechten Fuß in einen in die Erde eingelassenen Gummistiefel stecken, um dann in dieser Pose zuversichtlich in das zu unterwerfende Territorium zu blicken.
Doch zunächst geht es am Eingang des Haags durch Manfred Sieloffs Fischtor. Für den Wünsdorfer Künstler steht der Fisch für den Ursprung des Lebens, Fische auf Rädern, Sockeln oder wie hier auf Stangen hingegen für den Drang des Menschen nach Mobilität. Entlang des labyrinthischen Weges kommt man auch an der Station von Carmen Luippold vorbei, die mit ihrem „Möbelhaus“ einen minimalen Rückzugsort im Dickicht geschaffen hat und an Martina Beckers mit Moos bewachsenen Styropor-Buchstaben. Ulrich Jansen hingegen nähert sich dem Thema Kolonisation an, indem er Bezug auf braunes Gedankengut nimmt. Sein Aussichtsturm trägt den Titel „Ich kann keine Nazis (mehr) sehen“ und spielt damit auf die tatsächlich neben seinem Wochenendhaus in Baruth verbarrikadiert lebenden Neo-Nazis an.
Ein Beispiel dafür, dass Kolonisation auch etwas sehr Positives sein kann, haben Miriam Wiesel und Axel Schmidt geschaffen. Für ihre „BÜRGER I GÄRTEN“ haben die beiden zehn Quadrate vom Brennesselbewuchs zur symbolischen Nutzung freigelegt, um damit die traditionelle Funktion des Haags als Hack- und Grabeland der Baruther Bürger zu thematisieren.
Für Birgit Hampels Installation „Cloud“ muss man den Kopf ein wenig in den Nacken legen. In einem der Obstbäume baumeln ihre weißen Tetrapacks, die ein wenig aussehen wie Vogelhäuschen. Hampel fragt: „Wohin lagern wir uns heute aus? Wen vertreiben und besetzen wir? Vielleicht haben wir ja am Ende alle einen kleinen Vogel?“
Von Andrea Beck
Zu sehen sind die Installationen in Baruth bis zum 8. September; Sonnabend und Sonntag von 12 bis 18 Uhr.

Quelle: Andrea Beck

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